Es ist bekannt, dass der Schlaf für das Lernen und die Gedächtnisbildung entscheidend ist. Darüber hinaus ist es Wissenschaftlern sogar gelungen, bestimmte Erinnerungen herauszufiltern und im Schlaf zu festigen. Die genauen Mechanismen, die dahinter stecken, waren jedoch unbekannt – bis jetzt. Der durchschnittliche Mensch schläft etwa acht Stunden pro Nacht und das im Durchschnitt 75 Jahre lang. Das sind etwa 22.000 Stunden in einem Leben. Was wäre, wenn wir diese Zeit nutzen könnten, um etwas Nützliches zu tun, zum Beispiel eine Sprache im Schlaf zu lernen?
Diejenigen unter uns, die mit der beliebten Zeichentrickserie „Dexter’s Laboratory“ aufgewachsen sind, erinnern sich vielleicht an die berühmte Folge, in der Dexter versucht, über Nacht Französisch zu lernen. Er erfindet ein Gerät, das ihm hilft, im Schlaf zu lernen, indem es ihm französische Sätze vorspielt. Da es sich bei der Serie um eine Komödie handelt, bleibt Dexters Platte natürlich bei dem Satz „Omelette du fromage“ hängen und am nächsten Tag kann er nichts anderes mehr sagen. Das ist natürlich ein Problem, das ihn in eine Reihe von urkomischen Situationen bringt.
Kann man im Schlaf lernen
Die Vorstellung, dass wir im Schlaf lernen können, hat Künstler und Wissenschaftler gleichermaßen fasziniert; die Möglichkeit, dass wir eines Tages alle unsere Produktivität durch Lernen im Schlaf drastisch verbessern könnten, ist sehr verlockend. Aber könnte ein solches Szenario jemals Realität werden?
Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, und Wissenschaftler kommen dem Verständnis dessen, was genau im Gehirn vor sich geht, wenn wir schlafen, und wie der erholsame Zustand das Lernen und die Gedächtnisbildung beeinflusst, immer näher. Frühere Studien haben zum Beispiel gezeigt, dass der Non-REM-Schlaf (Non-Rapid-Eye-Movement) – also der traumlose Schlaf – für die Konsolidierung von Erinnerungen entscheidend ist.
Es wurde auch gezeigt, dass Schlafspindeln – plötzliche Spitzen in der oszillatorischen Gehirnaktivität, die auf einem Elektroenzephalogramm (EEG) während der zweiten Phase des Non-REM-Schlafs zu sehen sind – für diese Gedächtniskonsolidierung entscheidend sind. Wissenschaftler konnten auch bestimmte Erinnerungen gezielt reaktivieren oder verstärken, indem sie auditive Hinweise verwendeten. Der Mechanismus, der hinter diesen Erfolgen steht, blieb jedoch bisher geheimnisvoll. Die Forscher wussten auch nicht, ob solche Mechanismen beim Einprägen neuer Informationen helfen. Ihre Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlichtTrusted Source.
Schlüssel zur Gedächtniskonsolidierung
Cairney erklärt die Motivation für die Forschung: „Wir sind uns ziemlich sicher, dass Erinnerungen während des Schlafs im Gehirn reaktiviert werden, aber wir kennen die neuronalen Prozesse nicht, die diesem Phänomen zugrunde liegen.“ „Schlafspindeln“, fährt er fort, „wurden in früheren Forschungen mit den Vorteilen des Schlafs für das Gedächtnis in Verbindung gebracht, also wollten wir untersuchen, ob diese Gehirnwellen die Reaktivierung vermitteln.“
Gedächtnis im Schlaf stärken
Wenn du wach bist, lernst du neue Dinge, aber wenn du schläfst, verfeinerst du sie und kannst sie leichter abrufen und richtig anwenden, wenn du sie am meisten brauchst. Das ist wichtig dafür, wie wir lernen, aber auch dafür, wie wir gesunde Gehirnfunktionen aufrechterhalten können. Die direkte Induktion von Schlafspindeln – zum Beispiel durch die Stimulation des Gehirns mit Elektroden – vielleicht in Kombination mit einer gezielten Gedächtnisreaktivierung, könnte es uns ermöglichen, die Gedächtnisleistung im Schlaf weiter zu verbessern.
Sprachen lernen im Schlaf?
Hypnopädeisches Lernen oder Schlaflernen ist die Aneignung von Informationen während des Schlafs. Es ist schwer vorstellbar, dass sich die Aktivität des Lernens mit der Inaktivität des Schlafs vereinbaren lässt, aber das hat einige Wissenschaftler und viele gerissene Marketingexperten nicht davon abgehalten, es zu versuchen. Die Vorstellung, einen Kassettenrekorder einzuschalten und die Augen zu schließen, um flüssig aufzuwachen, klingt ebenso verlockend wie absurd.
Dennoch sollten wir die Macht des Unterbewusstseins vielleicht nicht so schnell abtun: Es gibt zahlreiche Berichte über Menschen, die aus dem Koma erwachten und plötzlich und überraschend eine Sprache beherrschten, die sie vorher nicht sprechen konnten.
Aber welche Beweise gibt es für das hypnopaedische Lernen? Leider nicht viel. Wie Jennifer Ackerman in ihrem großartigen Buch Sex Sleep Eat Drink Dream aus dem Jahr 2007 feststellt, ist das Erlernen einer Sprache im Schlaf „wahrscheinlich unmöglich, [und] Versuche, schlummernden Erwachsenen Vokabeln von Fremdsprachen oder Listen von Gegenständen beizubringen, sind kläglich gescheitert.
Das Fazit
Sprachen lernen im Schlaf bleibt vorerst ein Traum. Wenn du nicht gerade Vokabellisten aufzeichnen willst, um sie dir jede Nacht vorzuspielen, klingt das so, als ob wir uns zum Sprachenlernen auf unsere wachen Stunden zurückziehen sollten.
Es gibt jedoch ein Aber. Wer Sprachen lernt, kann sich die Sprach-CDs im Schlaf anhören oder Filme in der jeweiligen Sprache. Damit wird zwar niemand über Nacht zum Sprachgenie, aber das nächtliche Vorspielen kann die Erlernen unterstützen. Probiert es einfach mal aus!